Vaterpyramide

Neuer Systematisierungsansatz zur Beschreibung der Grundfaktoren positiv erlebter Väterlichkeit

Quelle: 1. Österreichischer Männerbericht
http://www.parlinkom.gv.at/pls/portal/docs/page/PG/DE/XXII/III/III_00209/imfname_060624.pdf

Auf einer Basis der Zusammenschau der projektiven Verfahren, der Interviews und der Interaktionsanalysen lassen sich aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen folgende Gestaltungsfaktoren einer guten Lebenswelt Vater-Kind bzw. nachstehende Erlebnisqualitäten positiver Väterlichkeit ableiten.

Ihrer Form der Darstellung wegen wird diese Zusammenstellung der Faktoren auch „Vaterpyramide“ genannt. Die „Vaterpyramide“ zielt darauf ab, die Grundfaktoren positiv erlebter Väterlichkeit in einer klaren, nachvollziehbaren Systematik darzustellen. Das Fundament von positiv erlebter Väterlichkeit bilden folgende Faktoren, die auf eine gute Vater-Kind-Beziehung einen maßgeblichen Einfluss ausüben oder diese begründen.
• Zuneigung
• Vertrauen
• Gemeinsame Zeit
• Verantwortung – Verlässlichkeit
• Stolz auf das Kind

Auf diesem Fundament, auf dieser ersten Ebene, baut sich positive Väterlichkeit in Form der Vaterpyramide auf. Weitere Faktoren sind ebenfalls von maßgeblicher Bedeutung, sie verändern jedoch während der Entwicklung des Kindes stärker ihre Form, sie sind mehr im Zeitverlauf zu betrachten. Der Altersangemessenheit der eingebundenen Faktoren und ihrer entwicklungsgemäßen Ausformung sollte besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Folgende Faktoren konnten auf der zweiten Ebene der „Vaterpyramide“ gefunden werden:
1. Mit den Kindern etwas tun, aktiv sein, der Vater als Tor zur Welt.
2. Vorbild sein, Orientierung geben, auch Strenge.
3. Altersgemäße Beziehung, sich auf die Kinder einlassen, für sie da sein, zuhören.
4. Eine Balance zwischen Nähe und Distanz.
5. Der Vater als Introjekt, Über-Ich, Gewissen.
6. Innere Bilder von Beziehungen zwischen Mann und Frau entwickeln
Zuletzt - 7. - brauchen die Jugendlichen den “Segen” des Vaters beim Aufbruch in die Welt.

Während die Basisfaktoren der ersten Ebene das Fundament bilden, erscheint es wichtig, die Faktoren der zweiten Ebene der Pyramide verstärkt im zeitlichen Entwicklungsverlauf zu sehen, innerhalb dessen wachsen diese Faktoren und sie können sich kind- und jugendlichengerecht verändern. Dazu bedarf es selbstverständlich auch einer komplementären Beziehung zwischen Vater und Mutter.

Im Forschungsbericht „Lebenswelten Vater-Kind, positive Väterlichkeit und männliche Identität“ – herausgegeben vom Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz – kann die erweiterte Darstellung der „Vaterpyramide“ mit Hilfe der Interaktionsanalyse und der qualitativen Interviews mit den Kindern und Jugendlichen nachgelesen werden.

Zusammenfassend ist zum Kapitel „Vaterpyramide“ zu sagen: Letztlich ist die Beziehung zwischen Vater und Kind das Grundelement in der Lebenswelt Vater-Kind und die Essenz der positiven Väterlichkeit.

Ist dieses Band zwischen Vater und Kind stark genug (good enough – Winnicott 1992), überdauert die Verbindung Vater-Kind vieles: Ungünstige Erziehungsmoden, die eventuelle Trennung des Vaters von der Mutter des Kindes, ...

Die Beziehungsqualität zwischen Vater und Kind spricht aus jedem Bild der „Vaterpyramide“. Dies ist letztlich auch die Erklärung dafür, weshalb, wie im Kapitel – „Die vier Persönlichkeitstypen von positiver Väterlichkeit“ – ausgeführt wird, positive Väterlichkeit so viele verschiedene Gesichter haben kann.

Wie wurde diese „Vaterpyramide“ entwickelt?

Bei 25 Kindern und Jugendlichen zwischen 4 und 19 Jahren wurde mit Hilfe von projektiven Verfahren festgestellt, ob sie positive Väterlichkeit erlebt haben, weiters wurden mit diesen Kindern und Jugendlichen auch qualitative Interviews durchgeführt. Ergänzt wurde diese Sicht – wie Kinder und Jugendliche positive Väterlichkeit erleben – noch mit 10 Interaktionsanalysen (5 Väter mit jeweils 2 Kindern, meist Bub und Mädchen). Aus der Zusammenschau dieser kind- und jugendlichengerechten Vorgehensweise wurde diese „Vaterpyramide“ entwickelt. Um dieses Vorgehen ein Stück weit transparent zu machen, wird es nachfolgend beschrieben und anhand eines Fallbeispiels erläutert.

Die Gesamtstudie „Lebenswelten Vater-Kind, positive Väterlichkeit und männliche Identität“ hat gegenüber der Erstellung der „Vaterpyramide“ auf ein erweitertes methodisches Instrumentarium zurückgegriffen: Erst wenn diese positive Väterlichkeit gegeben war, wurden die dazugehörigen 25 Väter, 25 Mütter und 25 Großväter (wenn diese nicht verfügbar waren, die Großmütter) mit Hilfe von qualitativen Interviews befragt. Abgerundet wurde diese Studie mit einer für Österreich repräsentativen quantitativen Befragung, durchgeführt durch das Fessel- GfK Meinungsforschungsinstitut.